Erfassung von Geschwemmsellinien

Bevor Anfang der 1970er Jahre die Mikrocomputer aufkamen, waren Hochwassermarken in Form gut sichtbarer Gussplatten oder in Stein gemeißelter Kerben mit Datumsangabe die einzigen Mittel, mit denen öffentliche oder private Bewirtschafter die Überschwemmungsbereiche ermitteln konnten, in denen der Bau von Gebäuden oder Verkehrsinfrastrukturen zu vermeiden war, oder die Geländehöhe bestimmen konnten, oberhalb derer diese Bauten gefahrlos errichtet werden konnten.

Mit diesen Informationen konnte man an einem Gewässerabschnitt bei Hochwasser Längsprofile erstellen oder nach einem größeren historischen Hochwasser die überschwemmten Gebiete kartieren.

Hochwassermarken sind zudem wichtige und unerlässliche Fachinformationen für die Kalibrierung und Validierung numerischer Strömungsmodelle, mit denen beispielsweise Überschwemmungsflächen für verschiedene Abflüsse ermittelt werden können.

Dazu braucht man nicht nur die kontinuierlich von den Hochwassermelde- und -vorhersagepegeln gemessenen und aufgezeichneten Wasserstände und Abflüsse, sondern auch die erfassten Höchstwasserstände an anderen Punkten entlang des gesamten Gewässers, um das Modell durch Bestimmung insbesondere der Rauigkeit des Sohl- und Ufermaterials zu kalibrieren und die Unsicherheit der Modellergebnisse zu quantifizieren (= Validierung).

 

Die IKSMS waren daher wieder einmal Vorreiter mit dem Beschluss, eine Expertengruppe „Geschwemmsellinien“ (EG GLC) einzurichten, deren Aufgabe unter anderem darin besteht, auf internationaler Ebene einen Leitfaden für die Dokumentation der bei Hochwasserereignissen erreichten maximalen Wasserstände zu erarbeiten. Die Expertengruppe hat den Leitfaden zur Erfassung von Hochwasserständen und Hochwassermarken des LfULG Sachsen[1] angepasst und auf dieser Grundlage den „Praxisleitfaden zur Erfassung von Hochwassermarken und Geschwemmsellinien“ verfasst. Dieser Leitfaden soll als Arbeitshilfe zur Dokumentation der Wasserspiegellagen von Hochwasserereignissen dienen und einen Beitrag zur einheitlichen Erfassung dieser Daten im internationalen Mosel-Saar-Einzugsgebiet liefern.

Dieser Leitfaden beschreibt detailliert, welche Arbeitsschritte dafür vor, während und nach einem Hochwasserereignis notwendig sind. Er war im Dezember 2023 Gegenstand einer Online-Schulung unter der Leitung des Vorsitzenden der EG GLC, Jean-Pierre Wagner, und mit Unterstützung des Sekretariats der IKSMS. Die Präsentation, die mehr als 50 Teilnehmern als Schulungsunterlage diente, kann heruntergeladen werden und steht den Nutzern ebenso zur Verfügung wie der beigefügte Erfassungsbogen, der bei künftigen Erfassungen vor Ort verwendet werden kann.  

Am 04.07.2024 fand im deutsch-französischen Grenzbereich entlang der Nied eine Vor-Ort Praxisschulung zur Geschwemmsellinienerfassung statt, die mit mehr als 15 Teilnehmern ein großer Erfolg war. Das Material zu dieser Schulung steht zum Download zur Verfügung.  

 

[1] LANDESAMT FÜR UMWELT, LANDWIRTSCHAFT UND GEOLOGIE (2015): Leitfaden zur Erfassung von Hochwasserständen und Hochwassermarken. Dresden.